Wer bin ich denn, wenn ich nicht male?

27.02.2017




Kultura Extra


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Eigentümlich, dass es Sammler gibt, die sich seine äußerst subjektiven und verstörenden Bilder ausgerechnet ins Schlafzimmer hängen. Bei einem fungieren sie sogar als Wächter. Vielleicht kommt da zum Tragen, was Neo Rauch meint mit dem, "es ist eine sowohl als auch Welt".

Diese Bilder haben eine mystische Brutalität und beruhigen zugleich, ja sie lösen in der Kunstwelt wahre Begeisterung aus. Es ist die Suche nach der Essenz, der Neo Rauch sich verschrieben hat, und die ihn selbst schlaflose Nächte kostet. Dann spinnt er an den dämonischen Figuren seiner archetypischen Ideenlandschaft; nicht konzeptuell, sondern intuitiv überträgt er diese in hochmeisterlicher Manier auf die Leinwand. Man sieht in langen Szenen, wie eine Figur entsteht. Mit Vorliebe 3 x 4 Meter, oder größer. Er verwischt, überpinselt, malt atmosphärische Träume mit offenen Augen. Im Hintergrund ist immer Musik zu hören, außer Electro hört er fast alles. Und ständig ist da diese Grundnervosität, die sich auch in seiner Sprache ausdrückt.

Neo Rauch, Wegbereiter der Neuen Leipziger Schule, ist ein deutscher Maler mit eigener Ikonografie, mischt die Zeiten wie die Farben. Vielleicht gibt ihm das Malen ein Gefühl, weniger sterblich zu sein, an die Identität seines Vaters anknüpfen zu können, der schon in jungen Jahren ein auffälliges Zeichentalent hatte. So wollte er wohl möglich nie gewöhnlich sein, auch nie erwachsen werden, wollte spielend die Welt erfinden, Geheimnisse lüften und momentane Zustände fühlbar machen. Seine Farbzusammenstellungen tun fast weh, Babyrosa trifft auf Himmelblau, Gelb wird zu Türkis, dann (1960er Jahre) Braun. Bildinterpretationen sind da vergeblich. Überall lauert die Gefahr und die Anstrengung.

Nie lacht der Meister; er ist ein sehr ernster Mensch mit nur leicht ironischen Mundwinkeln, eigenem Stolz und Künstlerego.

Allein von seiner Frau Rosa Loy läßt er sich leiten, doch hier und dort mehr am Detail zu arbeiten, eine andere Farbe noch und jetzt ist es fertig, "du kannst es signieren". Das kommt einem als Betrachter absurd vor. Wir wissen, sie ist auch Malerin, sehr selbstbewusst und seit 30 Jahren an seiner Seite. Doch während sie mit wohl gemeinten Tips eingreift, malt er stetig an einer Stelle weiter. Sie fragt: "Hast du überhaupt noch Farben?"

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