Eine RBB-Dokumentation feiert Angelica Domröse und Hilmar Thate als "Ost-Legenden"

12.04.2011




Berliner Zeitung


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von Thorsten Wahl

Was für ein uncharmanter Einstieg! "Ich bin Paula", flüstert Angelica Domröse - dann röhren die Puhdys "Alt wie ein Baum". Neulich hat die Schauspielerin ihren 70.Geburtstag gefeiert, ihr Mann, Hilmar Thate, wird demnächst sogar schon 80. (…) Der Film eröffnet eine neue Staffel der Reihe "Ost-Legenden". Mit diesem Titel sind die beiden nicht besonders glücklich. Bei der Vorpremiere im Kino Babylon nannte Thate den Titel einfach "doof", während Angelica Domröse schon die Frage von Moderator Knut Elstermann, ob sie sich als Ost-Schauspielerin fühle, "beknackt" fand. Die Autorinnen Nicola Graef und Petra Luisa Meyer haben dem Paar noch einen weiteren Titel verpasst, führen die beiden als das "glamouröseste Schauspielerpaar der DDR" ein. Doch wer war eigentlich glamourös Mitte der 70er-Jahre in der DDR? Domröse und Thate waren als Schauspieler zwar hoch anerkannt und durchaus populär. Doch sie posierten nicht etwa für DDR-Illustrierte oder schritten über rote Teppiche, sondern bekamen kurz nach ihrer Hochzeit immer weniger Rollen, weil sie die Petition gegen die Biermann-Ausbürgerung unterschrieben hatten. Der politische Druck schweißte sie noch mehr zusammen - fernab jedes Glamours. (...) Die beiden Autorinnen kennen die legendären Arbeiten aus der DDR-Zeit nur aus dem Archiv. Regisseurin Meyer lernte Angelica Domröse erst 2007 am Potsdamer Hans-Otto-Theater kennen, als sie sie mit ihrem früheren Filmpartner Winfried Glatzeder im Stück "Filumena" zusammenführte. Doch dem Filmporträt vom RBB gelingt kein neuer, frischer Blick auf die Karriere der beiden Schauspieler. Die Dreiviertelstunde reicht nur für das Anreißen der biografischen Wurzeln und für einen Schnelldurchlauf einiger wichtiger Rollen, wie Thate als "Richard III." oder Domröse in der "Legende von Paul und Paula" - der gar nicht unbedingt Domröses Lieblingsfilm war, wie sie selbst sagt. Doch ihr eigentlicher Favorit, ihre Titelrolle in Egon Günthers "Hanna von acht bis acht", fehlt leider in diesem Doppelporträt, auch Thates späte Filmrollen etwa in "Wege in die Nacht" oder "Hitlerkantate". Hinzu kommen Fahrlässigkeiten: Immer wieder widersprechen sich Zeit- und Altersangaben. Mehr Sorgfalt haben die Autorinnen darauf verwandt, das Besondere einer langjährigen Schauspielerehe herauszuarbeiten. Das Doppelporträt ist vor allem eine Innensicht der beiden Jubilare - Außenstehende, Kollegen kommen kaum zu Wort. Lediglich Thates Regisseur Manfred Wekwerth und Domröses Maskenbildnerin werden befragt. Bei den Interviews in ihrer Wohnung spielen Angelica Domröse und Hilmar Thate dem Zuschauer gern mal eine kleine Ehe-Szene vor. Sie suchen gemeinsam nach Antworten auf die Frage: "Wie ist es, zusammen alt zu werden?" und lachen vor allem gern und herzlich. "Alt wie ein Baum" wirken sie jedenfalls nicht, sondern erfrischend streitlustig und neugierig: Alte Liebe rostet eben nicht.

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